Die Geschichte des Weinguts La Grave reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Es war bis zum 19. Jahrhundert ein kleiner Weiler, der ursprünglich aus einem Herrenhaus, verschiedenen Wirtschaftsgebäuden, Land, Weinbergen, Wiesen und Wäldern bestand. 1868 wurde es in CHÂTEAU DE LA GRAVE umbenannt, nachdem das Haupthaus in ein bezauberndes Schloss umgewandelt wurde, dessen Turm, Türmchen und Dach mit ihren schlanken und abwechslungsreichen Formen ihm ein einzigartiges, von Neugotik und Neorenaissance geprägtes Aussehen verlieh.
Mein Ur-Ur-Großvater Constant Bassereau erwarb 1910 das Anwesen. Zu diesem Zeitpunkt wies das Weingut bereits zehn Hektar Rebfläche auf und produzierte 120 Fässer. Im Bordelais entspricht ein Fass vier Barriques mit je 225 Litern oder insgesamt 900 Litern. Es ist bis heute unter Erzeugern und Händlern die Bezugseinheit für die offizielle Notierung von Weinen. Constant wurde 1912 zum Militärdienst einberufen; bis zum Ende des Ersten Weltkriegs kümmerte sich seine Frau mit der Hilfe sehr mutiger Ehefrauen von Winzern um das Weingut. Ihr Sohn Robert erlebte die Ankunft der ersten Traktoren, die in den 1950er Jahren die Arbeit der Ochsen übernahmen. Die Mechanisierung – eine Revolution! Es wurde dadurch möglich, den Weinberg zu erweitern und mehr Wein zu produzieren. Das Weingut verfügt jetzt über 45 ha mit Rebstöcken und erzeugt umgerechnet 220 Fässer. Mein Großvater Pierre-Yves machte unseren Wein nicht nur in Frankreich, sondern auch im Ausland, vor allem in England und Belgien, bekannt. 1990 übernahm mein Vater das Anwesen. Er hatte keine Angst, die bestehende Ordnung umzustürzen, und kreierte neuartige und ungewöhnliche Cuvées und dachte sich originelle Assemblages aus, die wir heute zusammen weiterführen.
Wir liegen am rechten Ufer der Mündung der Gironde, 35 km nördlich von Bordeaux, im Herzen des Weinbaugebiets Côtes de Bourg. Historiker vermuten, dass der Weinbau in unserer Region um das 2. Jahrhundert seinen Anfang nahm, als die Römer die ersten Rebstöcke der „Vitis Biturica“ pflanzten, die als Vorfahr des Cabernet gilt. Seit dem Mittelalter war das Dorf Bourg-sur-Gironde ein wichtiger Weinhafen; seine Weinberge an der Mündung dehnten sich im Rhythmus des Lebens und des Handels am Fluss aus.
Unser 45 ha großer Weinberg ist im Laufe der vorhergehenden Generationen gewachsen, aber wir haben dabei immer die Wälder und Wiesen bewahrt. Heute können wir wieder wie früher Tiere auf unserem Land willkommen heißen. Ich möchte so ein neues landwirtschaftliches Gleichgewicht schaffen, das auf gesundem Menschenverstand beruht, und an den Nutzen einer ökologischen Weidepflege für Umwelt und Mensch anknüpfen; wir erreichen dies dank unserer Pferde und Schafe, die uns von Oktober bis April dabei helfen, den Graswuchs in unseren Weinbergen zu kontrollieren, und durch das Schaffen von Streuobstwiesen im Weinberg.
Weinherstellung ist mehr als nur Weinlese. Diese Arbeit erfordert einen langen Atem. Sobald im November die Blätter fallen, beginnt sie mit dem Beschneiden der Rebstöcke, dem Zerkleinern und Einarbeiten des abgeschnittenen Holzes in den Boden und dem Binden der Triebe. Nach dem Beschneiden werden die noch biegsamen Triebe an einem Drahtrahmen befestigt, um das Wachstum der Pflanze auszurichten und eine gute Entwicklung der Trauben zu fördern. Im April brechen die Knospen auf und es bilden und entwickeln sich die ersten Blätter. Dies ist auch der Beginn des Wachstums der Zweige. Dann beginnen die Frühlingsarbeiten, das Ausbrechen und die Erziehung der Reben; sie gehen Anfang August zu Ende, wenn die Zweige nicht weiter wachsen und verholzen, um Rinde und Reserven für den nächsten Winter zu bilden. Zur gleichen Zeit ändern die Weintrauben ihre Farbe; dies ist die Véraison und der Beginn der Reifung der Beeren. Bis sie gut gereift sind, dauert es ungefähr 45 Tage, also bis Mitte September. Das Datum der Weinlese richtet sich nach dem Gesundheitszustand und der Reife der Beeren. Es kann von einem Jahr zum nächsten um einige Tage abweichen. Die Weinlese erstreckt sich über 3 Wochen. Sie erfolgt seit 2005 maschinell. Unser gesamtes Team (insgesamt 8 Personen) arbeitet dann im Weinkeller, empfängt und sortiert die Beeren, füllt die Fässer und Barriques und reinigt täglich am Tagesende den Keller und die Ausrüstung. Nach der Weinlese ist das Arbeitstempo weniger intensiv; der Druck, die Ernte einzubringen, besteht nicht mehr. Nur noch 3 Personen überwachen dann den Gärungsprozess und führen sämtliche Abstich- und Assemblagearbeiten durch. Für Weiß- und Roséweine werden die Beeren nach ihrer Ankunft im Weinkeller gepresst; der Saft wird dann nach Vorklärung zur Gärung sofort in Barriques gefüllt. Er bleibt dort 6 bis 7 Monate, bis er abgefüllt wird.
Wir haben uns immer dafür entschieden, landwirtschaftliche Verfahren anzuwenden, die die Natur respektieren. Wir verwenden keine Chemikalien, chemische Düngemittel oder Herbizide. Unsere Arbeit beruht auf der Erhaltung der biologischen Vielfalt der Fauna und Flora, die so fragil und gleichzeitig so nützlich und von außerordentlichem Reichtum ist. Wir pflegen deshalb die Wälder, Niederwälder, Hecken, Obstbäume auf dem Weingut.
Wir haben 2020 damit begonnen, unseren Weinberg auf biologischen Landbau umzustellen. Dies ist ein sorgfältig überlegter Schritt, der sicherstellt, dass unsere HVE3-Zertifizierung verlängert wird und die Zukunft für unsere Terroirs einläutet. Wir sind stolz auf unsere verbesserte Produktion, mit der wir das natürliche Gleichgewicht aufrechterhalten.